* Villa Amelie *

ger24  Und wieder einmal erwischte mich die Weisheit von Michail Gorbatschow: wer zu spät kommt, den bestraft das Leben! Mehrfach war ich schon in der Nähe der (ehemals) wunderschönen Villa Amelie gewesen, aber immer wieder wurde der Besuch verschoben. Nach dem Sommer 2014 war es dann zu spät – dazu gleich mehr.

Die Geschichte

Es war einmal eine Textilfabrik, die im Jahre 1856 von einem geschäftstüchtigen Franzosen gegründet wurde. Das Geschäft lief blendend. Der Sohn des Firmengründers ließ – nachdem er die Firma übernommen hatte – diese luxuriöse Villa im Jahre 1899 in Sichtweite zu seiner Fabrik erbauen.

Neben dem beeindruckenden Hauptbau gab es ein weiteres Gebäude auf dem Gelände, wo eine geräumige Kapelle mit Orgel sowie einige kleinere Räume (Werkstätten, Hobbyraum) untergebracht waren. Auch ein riesiger Garten mit einem großen Gartenteich und einer märchenhaften Bogenbrücke mit schmiedeeisernen Geländern gehörte dazu.

Im zweiten Weltkrieg wurde die Fabrik großteils zerstört und erlangte nach dem Wiederaufbau nie wieder den Erfolg von früher. Die Fabrik – mitsamt der Villa und dem Grundstück – wurden von einer Investmentfirma übernommen, die die Fabrik noch bis 1981 weiterführte – danach war Feierabend.

Die Witwe des letzten Fabrik-Bosses lebte noch einige Zeit alleine in der Villa, bis sie im Jahre 2000 nach Paris umzog und nie wieder in der kleinen Stadt gesehen wurde. Das Gebäude stand alsdann leer, und zog neben Urbexern auch Vandalen, und Obdachlose an.

Im Sommer 2014 wurde das Haupthaus von Vandalen in Brand gesteckt und fast völlig zerstört. Lediglich zwei Zimmer und die Küche im Ergeschoss blieben halbwegs erhalten, aber es ist natürlich nur eine Frage der Zeit, bis das Gebäude zusammenfällt.

Die Erkundung

Wie ich bereits in der Einleitung geschrieben habe – wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Und so wurde ich bestraft. Trotzdem gab es bei unserem Besuch imemr noch viel zu sehen (und wer mich kennt, weiss, dass ich ohnehin ein Faible für Brandruinen habe).

Im Haupthaus konnte man lediglich noch das Erdgeschoss erkunden, da die oberen Geschosse nicht mehr existieren und man von unten bis in den Himmel schauen kann. Trotzdem konnte man noch den früheren Luxus an der ein oder anderen Stelle (zB. bei den Resten der schweren Tapeten) erahnen.

Der Nebenbau ist noch in halbwegs passablem Zustand. Die Orgel wurde zwar längst von allen Metallteilen geplündert, aber selbst das leere Gehäuse ist immer noch beeindruckend anzuschauen. Eine Werkstatt mit großen Schränken und einem Hobby-Fotolabor rundete das ganze ab.

Alles in allem habe ich es nicht bereut, die Villa Amelie zu besuchen, da man trotz aller Zerstörung immer noch ein wenig persönliches der Bewohner entdecken konnte. Offenbar waren die Bewohner Musikliebhaber, denn außer der Orgel kann man noch die Reste eines Klaviers und eines automatischen Welte-Pianos bestaunen.

Besucht: April 2016

uk24 Again, I was haunted by Mikhael Gorbachev’s wisdom: „He who comes too late is punished by life“. Several times I was near this formerly beautiful mansion, but everytime I had to delay my visit „for the next time“. In summer 2014, it was *too* late…

The History

Once upon a time, there was a textile factory. The business was established in 1856 by a smart frenchman. The business was very successful. The founder’s son took over the business and in 1899, he built the luxurious mansion in sight distance of his factory.

Next to the impressive main house, there was a large chapel with an organ and several small rooms (such as a workshop and a hobby room). There was also a large garden with a beautiful pond that boasted a wonderful bridge with wrought-iron handrails.

In World War 2, the factory was largely destroyed, and when it was rebuilt after the war, never came back to the same success as before. The factory was eventually sold to an investment group and was in service till 1981, when it was finally shutdown.

The widow of the last boss lived alone in the mansion. In 2000, she moved to Paris and never came back. Since then, the estate stood vacant and attracted urbexers, vandals and homeless people.

In summer 2014, the main building was set ablaze by vandals and was neary completely destroyed by the fire. Only two rooms and the kitchen on ground level survived the blaze, but it’s only a question of time for the building to collapse.

The Exploration

As I wrote in my introduction – he who comes too late, is punished by life. And so I got punished. Nevertheless, when we visited the estate, we still had lots to discover (my friends know that I have a soft spot for burnt-out ruins).

In the main building, we could only explore the ground level, as the upper levels don’t exist anymore and you can watch the sky from below. But there are still traces from the former luxury visible, such as heavy wallpapers.

The annex building (the chapel) is still in adorable state. The organ has already been stripped from valuable metal parts, but even the empty wooden shell looks gorgeous. There is also a workshop with several cabinets and a hobby-photolab.

I never felt regret for being too late with my visit, as there was still plenty to discover in all the destruction. Even some personal belongings of the former owners were scattered around. Obviously, they were music lovers. We not only found the organ, but also remains of a piano and an automatic Welte pianola.

Visited: April 2016